Tod eines Räubers

Wenn ein Wolf stirbt, beginnt die Ermittlungsarbeit: Natürlicher Tod oder Wilderei? Das Verfahren sagt viel über das schwierige Verhältnis der Deutschen zum Wolf.

Text: Johannes Mitterer, erschienen in Die ZEIT 43/2023

Stirbt in Deutschland ein Wolf, dann ist das für manche ein Grund zur Erleichterung, für manche Anlass zur Trauer. Und für andere ist es vor allem: viel Arbeit. Und so machen sich an einem Dienstagmorgen die Wolfsexperten Andreas Berbig und Katharina Riemann eine Autostunde östlich von Magdeburg auf den Weg, einen toten Wolf aus einem Graben zu bergen. Berbig leitet das Wolfskompetenzzentrum Iden, eine Außenstelle des Landesamts für Umweltschutz Sachsen-Anhalt. Seine Kollegin Riemann kümmert sich eigentlich um die Büroarbeit, springt aber auch gelegentlich im Außendienst ein.

Ein Jäger führt sie zum Fundort. Er hat tags zuvor den toten Wolf gemeldet. Er hat auch ein Foto geschickt. Aus einigen Metern Entfernung aufgenommen, zeigt es den breiten Rücken eines Tieres, das quer in einem Graben liegt. Dichtes, leicht filziges graues Fell ist zu erkennen. Der Rest des Körpers ist im pechschwarzen Wasser versunken.

Im Schnitt wird alle zweieinhalb Tage in Deutschland ein toter Wolf gefunden und noch öfter einer gemeldet. “Wir wurden auch schon an eine Autobahn gerufen”, sagt Berbig, “und dann lag da ’ne Decke.” Bei jeder Meldung rücken Wolfsexperten aus, um zwei Fragen zu klären. Liegt da wirklich ein Wolf? Und wenn ja: Wie ist das Tier zu Tode gekommen?

Die Statistik besagt, dass die meisten Wölfe von Autos getötet werden, manche sterben an Krankheiten oder Verletzungen. Einige werden aber auch von Wilderern erschossen. Die Bergung ist also nicht nur wichtig, um zu überwachen, woran die deutschen Wölfe erkranken. Sie ist auch wichtig, um zu klären, ob eine Straftat begangen wurde. Wölfe sind streng geschützt, die Bergung ist der erste Schritt der Beweisaufnahme. Und dieser Wolf liegt weitab von jeder Straße in einem Graben. Das wirft Fragen auf.

Die Wolfsexperten reisen auch mit einer Sorge an. Was, wenn der Wolf schon so aufgeweicht ist, dass er bei der ersten Berührung platzt? Sie wollen es mit einer Wildwanne und einer Art selbst gebautem Enterhaken versuchen. Berbig zieht eine rote Regenjacke an, Gummihandschuhe und eine grüne Wathose, in die er wenig Vertrauen zu stecken scheint. “Die liegt seit 20 Jahren im Keller, ich hoffe, die ist dicht.” Dann stapft er durch Brennnesseln hinab in den Graben, kämpft sich durch den Schlamm bis zum Kadaver. Bei jedem Schritt schmatzt der Graben laut. Dort angekommen, packt er das Tier am Rücken, zieht und hält sogleich ein Büschel Fell in der Hand. Ein zweiter Griff, ein Schwarm Fliegen schwirrt auf, aber diesmal hält das Fell. Nach und nach wuchtet Berbig den Kadaver in die Wildwanne. Der Wolf platzt nicht.

Mit zwei Gurten ziehen Riemann und der Jäger die Wanne aus dem Graben und nach oben auf die Wiese. Etwa 15 Minuten hat die Aktion gedauert. Erster Eindruck? Länglicher Kopf, sieht nach Wolf aus. Groß ist er, wahrscheinlich schon älter. Hoden waren kurz zu sehen, “ein Männchen”, bemerkt der Jäger, und zwei lange, gelbe Fangzähne. Eine mächtige Pfote hängt über den Rand der Wanne, am Bauch hat sich das Fell schon abgelöst. Ansonsten erkennt man wenig, auch keine Schusswunden. Und den Wolf jetzt noch drehen und wenden, das möchte niemand. Er wird ja sowieso noch obduziert werden. Während sich Berbig deshalb mit Spekulationen zur Todesursache zurückhält, ist sich der Jäger schon sicher: “Geschossen worden”, sagt er, sei dieser Wolf bestimmt nicht.

Weil man da jetzt vor Ort nicht weiterkommt, dreht sich die Debatte an diesem Waldrand in Sachsen-Anhalt nicht mehr um diesen einen Wolf, sondern um alle Wölfe. Weil die Frage, was diesen Wolf umgebracht haben könnte, im Kopf mancher Menschen direkt zu der Frage führt, wer oder was ihn vielleicht besser hätte umbringen sollen. Der Jäger jedenfalls, wenngleich er seine eigene Meinung dazu lieber nicht öffentlich äußern möchte, treffe in seinem Umfeld einige Leute, die meinten: Ja, Wölfe sollten stärker bejagt werden.

Und diese Stimmen werden lauter, bundesweit. Aufsehenerregende Nutztierrisse bestärken sie. Wie der bei Stade in Niedersachsen Ende August: 55 Schafe fielen da einem Wolfsangriff zum Opfer. Ebenso die Statistik: 1135 Übergriffe auf Nutztiere gab es 2022, im Jahr davor waren es noch 975.

Auch auf politischer Ebene scheint sich diese Meinung langsam durchzusetzen. Gleich mehrere Spitzenpolitiker haben zuletzt den Eindruck erweckt, dass in Deutschland der Finger bald schon lockerer am Abzug liegen könnte. Die Frage ist: Wie locker genau – und was kann das bringen?

Der neueste Vorstoß stammt von Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne). Sie hatte Anfang September versprochen, dass Wölfe künftig nach Nutztierrissen “schneller und unbürokratischer” entnommen, sprich: geschossen werden sollen. Allein die Ankündigung hat erhebliche Erwartungen geweckt, vor allem aufseiten von Jagdverbänden und Tierhaltern, die nach einem Wolfsübergriff lieber heute als morgen auf die Pirsch gehen würden. Und auch das mediale Interesse ist groß. Ein heikles Terrain, die konkreten Vorschläge sollen deshalb in einer großen Pressekonferenz am 12. Oktober präsentiert werden, vorab soll und darf nichts nach außen dringen. Bis Redaktionsschluss dieser Ausgabe war das auch der Fall.

“Die Nerven liegen blank”, fasst es ein Wolfsexperte, der nicht namentlich zitiert werden möchte, gegenüber der ZEIT zusammen. Dabei wurde das Bundesnaturschutzgesetz erst vor drei Jahren gelockert. Seitdem können Wölfe geschossen werden, die Tierhaltern einen “ernsten wirtschaftlichen Schaden” zugefügt haben. Davor musste der Schaden “existenzgefährdend” sein.

Seitdem muss man auch nicht mehr zwingend sicherstellen, dass man genau jenen Wolf erwischt, der für die Übergriffe verantwortlich ist – in der Praxis ohnehin schwierig. Daher gilt schon heute jeder Wolf als verdächtig, der sich in “zeitlicher und räumlicher Nähe” zu einem Übergriff auf Nutztiere aufhält. Mehrmals sind so unbeteiligte Wölfe ins Fadenkreuz geraten, etwa in Niedersachsen. Dort wurden bislang sieben Wölfe wegen Übergriffen auf Weidetiere erlegt, sechs davon stellten sich hinterher als unschuldig heraus. Nur einmal erwischte man den wahren Übeltäter – er trug als einer der wenigen einen Peilsender.

Gibt es gebrochene Knochen, Geschosspartikel im Fleisch?

Bevor ein Wolf aber zum Abschuss freigegeben werden darf, sieht das Gesetz bislang eine Kette von Maßnahmen vor, die abgearbeitet werden müssen. Erst müssen die Wolfsexperten der Bundesländer ausrücken und klären, ob wirklich ein Wolf hinter den Rissen steckt. Sie sammeln auch DNA-Proben, denn Gewissheit liefert hier oft nur ein Gentest. Steht der Wolf als Übeltäter fest, muss nun erst der betroffene Tierhalter seinen Herdenschutz auf ein zumutbares Maß erhöhen, das heißt: 1,20 Meter hoher Weidezaun, mit mindestens 2500 Volt Spannung. Nur wenn ein Wolf eine solche Barriere mehrfach überwindet, gilt er als Wiederholungstäter und könnte entnommen werden.

Da gehen schnell vier Wochen ins Land, manchmal mehr. Wird dann eine Genehmigung erteilt, stehen Umweltverbände meist schon bereit, um vor Gericht zu klagen. Das bringt weitere Verzögerungen und rechtliche Unsicherheiten.

Schon jetzt würden manche lieber gar nicht abwarten, bis ein Wolf durch Nutztierrisse auffällt. In wolfsreichen Regionen, so eine der Forderungen, solle der Wolf vorbeugend bejagt werden. Die Unionsfraktion steht hinter dieser Idee, die man auch Obergrenze für Wölfe nennen könnte. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) hat für sein Bundesland bereits solche Regionen ausgemacht, an der Küste und in der Heide. Und Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat festgestellt: “Der Wolf gehört nicht zu Bayern.”

Spätestens hier dürfte die EU etwas dagegen haben. Nach EU-Recht ist der Wolf allen deutschen Debatten zum Trotz immer noch streng geschützt. Zwar sind auch hier Ausnahmen möglich, aber nur bis zu einem gewissen Punkt: Schon einmal hat sich die EU-Kommission das deutsche Wolfsmanagement kritisch angeschaut und mehr Zurückhaltung eingefordert, unter anderem wegen der ungenauen Entnahmepraxis in Niedersachsen. Zuletzt signalisierte aber EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen eine gewisse Offenheit für Veränderungen. Das von der Leyensche Familien-Pony Dolly wurde vor einem Jahr von einem Wolf gerissen. Auch sie sprach kürzlich davon, dass der Schutzstatus stärker regional bewertet werden sollte anstatt einheitlich für die ganze EU – und rief erst mal Gemeinden, Wissenschaftler und alle interessierten Parteien dazu auf, aktuelle Wolfsdaten per E-Mail einzusenden.

Aus Deutschland sollten diese Daten eigentlich vorliegen. Hierzulande sind jeden Tag Dutzende Menschen hinter dem Wolf her, und zwar ohne Gewehr. Sie sammeln Kadaver ein, hängen Wildkameras auf, lesen deren Speicherkarten aus, verpacken Kot- und Urinproben. Sie schieben tote Wölfe in Computertomografen, sequenzieren DNA und pflegen Datenbanken. So entsteht ein dichtes Netz an Informationen, das die Wolfspopulation in Deutschland umgibt. Es soll ein solides Fundament für politische Entscheidungen darstellen. Für den zukünftigen Umgang mit dem Wolf, auch, aber nicht nur hinsichtlich der Frage der Bejagung. Diese Arbeit findet im Schatten der lauten Debatte um den Abschuss statt. Doch auch hier könnte sich mit Blick auf die stetig steigende Wolfspopulation bald die Frage stellen, wie man da eigentlich weitermachen möchte.

Zurück in Sachsen-Anhalt, hier wird der Wolf für den Abtransport vorbereitet. Seine Zunge schneidet Wolfsexperte Berbig mit einem Messer fachmännisch aus dem Maul. Sie wird in einem Becher mit Alkohol per Post an das Senckenberg Zentrum für Wildtiergenetik in Gelnhausen geschickt. Dort untersucht Carsten Nowak mit seinem Team seit 2010 alle Proben, die in Deutschland in Verbindung mit dem Wolf gesammelt werden, zuletzt waren das mehr als 5840 im Jahr: Kot und Urin, Haare, Speichelabstriche, die erwähnte Zunge. “Gut zwei Drittel davon führen tatsächlich zum Ergebnis Wolf”, sagt Nowak, der Rest entpuppt sich etwa als Hinterlassenschaften von Füchsen oder Hunden.

Das Verfahren ist aufwendig. Zunächst wird die DNA extrahiert, kopiert und sequenziert. Damit lässt sich feststellen, ob eine Probe wirklich von einem Wolf stammt. Falls ja, wird in einem zweiten Schritt ein individueller genetischer Fingerabdruck abgenommen. Aus Genomdaten lassen sich Geschlecht, ungefähres Alter und Verwandtschaften ablesen. Außerdem kann man über die Datenbank nachvollziehen, wo sich besagter Wolf in der Vergangenheit aufgehalten hat.

Fünf bis sechs Werktage dauert es, bis das Ergebnis vorliegt. Schon jetzt können die Bundesländer aber ein sogenanntes Eilverfahren beantragen und beide Analyseschritte gleichzeitig durchführen lassen, dann ist alles in zwei Tagen erledigt. So geschehen etwa, als das Pony von Ursula von der Leyen gerissen wurde.

Carsten Nowak machen steigende Wolfs- und damit Probenzahlen zwar im Labor keine Sorgen. Mittels Robotik ließen sich in Zukunft noch viele Schritte automatisieren, sagt er. Der wahre Zeitfresser sei das Einsammeln der Proben. Wenn sich der Wolf weiter ausbreitet, könnte das flächendeckende Monitoring bald an seine Grenzen stoßen. Dann könnte man irgendwann nicht mehr überall Proben sammeln und in der Folge auch nicht mehr jedes Rudel in Deutschland genetisch erfassen. Die Größe der Wolfspopulation ließe sich zwar noch mit statistischen Mitteln berechnen, aber immer unschärfer würde dann das Bild. Auch einzelne Problemwölfe zu identifizieren könnte schwierig werden.

Droht hier also die wahre Gefahr? Verliert Deutschland bald den Überblick über seine Wölfe? Und das auch noch in dem Moment, in dem man mit der Bejagung einen massiven Eingriff in die Population diskutiert?

In Berlin stemmt sich eine Frau mit aller Kraft gegen diese Entwicklung: Claudia Szentiks ist Pathologin am Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung im Osten Berlins. Seit mehr als zehn Jahren landen fast alle toten deutschen Wölfe auf ihrem Seziertisch. Wie es den Wölfen in Deutschland geht, woran sie erkranken, warum sie sterben, dieses Wissen seziert Szentiks aus jedem einzelnen Wolf heraus.

Soeben hat sie den toten Wolf aus dem Wassergraben entgegengenommen, verpackt in einem schwarzen Leichensack. Andere Wölfe kommen auch gefroren an, manche im Pulk mit sechs anderen. Weil bei Wasserleichen automatisch der Verdacht auf eine illegale Tötung vorliegt, wird dieser Wolf zur Eilsache – und beschert Szentiks eine Spätschicht.

Zusehen kann man bei der Untersuchung nicht, laufende Ermittlung. Aber es wird so ablaufen: Erst wird der Wolf in einen Computertomografen geschoben: Gibt es gebrochene Knochen, fehlende Körperteile, Geschosspartikel im Fleisch? Danach wird er obduziert.

Szentiks muss den Wolf wiegen, von allen Seiten fotografieren und nach äußeren Wunden und Verletzungen absuchen. Sie muss Abstriche nehmen und Spuren sichern, die möglicherweise zu einem Täter führen könnten. Dann muss sie die Bauchhöhle öffnen, alle Organe vom Gehirn bis zum Darm herausnehmen und begutachten. Hierbei wird ihr auffallen, dass die Leber des Wolfs grobhöckerig ist und von breiiger Konsistenz, und auch die Nieren sehen nicht mehr gut aus. Später wird sie eine Leber- und Nierenentzündung als Todesursache vermerken. Fremdeinwirkung ausgeschlossen.

Zwei Stunden dauert diese Prozedur meist, manchmal auch sechs. Und mittlerweile sterben so viele Wölfe, dass sie in der Pathologie zu kämpfen haben, um hinterherzukommen. Aktuell liegen noch an die 30 Tiere in der Kühlkammer und warten auf ihre Obduktion.

Muss man wirklich jeden toten Wolf aufschneiden? Für eine Wissenschaftlerin wie Szentiks ist das fast eine provozierende Frage. Die Obduktion kann helfen, eine mögliche Straftat aufzuklären. Wenn sie ausfiele, hätten Wilderer praktisch freie Hand. Schon heute gelingt es nur in Ausnahmefällen, nach einer illegalen Tötung einen Täter zu ermitteln.

Und es geht laut Szentiks noch um mehr: Wer nicht wisse, woran die Wölfe in Deutschland sterben, habe keine Ahnung, wie gesund die Wolfspopulation hierzulande ist, sagt sie. Das Monitoring, allen voran das Sammeln von Proben, muss ihrer Meinung nach eher intensiviert als zurückgefahren werden, wenn man sich für eine Bejagung entscheidet. Sonst drohten Unschärfen, gar blinde Flecken. “Wenn man irgendwann nicht mehr weiß, wie alt die Tiere sind, welche Rudel es gibt, wie groß der Genpool ist, welche Krankheiten da draußen grassieren, könnte es passieren, dass die Population binnen kurzer Zeit zusammenbricht”, sagt Szentiks.

Bei all den Abschussdebatten neigt man dazu, zu vergessen, dass nicht nur Mensch und Schaf vor dem Wolf geschützt werden müssen – sondern auch der Wolf selbst.

Wie wertvoll eine gute Datenbasis ist, zeigen Studien aus den USA. Dort haben sich Wissenschaftler die Daten aus 25 Jahren Wolfsmanagement in drei US-Bundesstaaten angesehen und festgestellt, dass man sich mit einer Bejagung – zu unbedarft durchgeführt – in Sachen Herdenschutz möglicherweise eher mehr Probleme bereitet, als man löst. Demnach führte dort der Abschuss von Wölfen in den darauffolgenden Jahren zu mehr Wölfen, nicht zu weniger. Weil die übrigen Wölfe plötzlich mehr Nachkommen zeugten. Und auch die Übergriffe auf Weidetiere nahmen durch die Bejagung zu.

Der Grund liegt nahe: Wölfe leben im Rudel und lernen dort das Jagen von ihren Eltern. Tötet man die Eltern, bleiben die unausgebildeten Jungen allein zurück – und die holen sich eher mal ein Schaf, weil sie ein wildes Reh möglicherweise nicht erwischen. “Die Bejagung löst unserer Ansicht nach nicht die Probleme des Herdenschutzes”, sagt auch der Sachsen-Anhalter Wolfsexperte Andreas Berbig. Für ihn sieht der Königsweg so aus: Herdenschutz mit Elektrozaun, der dem Wolf unter Schmerzen beibringt, dass er sich von Weidetieren besser fernhält.

Auch der tote Wolf aus dem Graben in Sachsen-Anhalt hat in der Vergangenheit übrigens einige Spuren hinterlassen, auch bei Nutztierrissen, wie die Genanalyse ergeben hat. 15-mal war er laut Datenbank insgesamt in Erscheinung getreten, das erste Mal schon vor zehn Jahren. Über seinen Abschuss muss sich aber niemand mehr den Kopf zerbrechen.

Wie viel Zauber braucht der Wald?

Das verborgene Netzwerk der Bäume interessiert die Forschung gerade neu. Den Förster Maximilian Scheel beschäftigt etwas anderes.

Text: Johannes Mitterer, erschienen in Die ZEIT 11/2023

Wohl jede Geschichte über den deutschen Wald könnte mit dem Borkenkäfer beginnen, und so soll es auch hier sein. Obwohl es schon ein Rätsel ist, wo der jetzt herkommt in diesem Buchenwald, im Februar. Borkenkäfer, so die Theorie, müssten jetzt Winterruhe halten. Erst im April sollten sie wieder ausschwärmen. Der Förster Maximilian Scheel hat hier im Karnap, so heißt das Waldstück nahe Trittau in Schleswig-Holstein, erst im vergangenen Herbst alle vom Käfer befallenen Fichten fällen lassen.

Es ist früh am Vormittag, Nieselregen fällt durch die Kronen der Buchen. Scheel, 32 Jahre alt, ist gerade aus seinem Geländewagen gestiegen, hat seine Dackel Greta und Susi aus dem Kofferraum gelassen. Das Klopfen eines Spechts hallt durch den Wald. Scheel stapft durch eine dichte Schicht aus Laub und Bucheckern, bis er zwei Fichten sieht, die nur wenige Meter auseinanderstehen. An der Rinde der einen klebt gelbes Harz wie Wachs an einer Kerze. Und dann sind da Löcher, wie mit einem Bohrer gesetzt, “hier, hier und hier”, sagt Scheel und fährt mit dem Finger am Stamm entlang. “Da war der Specht schon drin.” Und der Specht hämmert dort, wo der Borkenkäfer lebt. “Die Fichte hat es hinter sich”, sagt Scheel.

Ein Drittel Deutschlands ist von Wald bedeckt, und der Borkenkäfer ist zum Symbol für dessen Bedrohung durch den Klimawandel geworden. Dabei stellt nicht der Käfer die größten Ansprüche an den Wald. Das tut der Mensch. Wenn es nach ihm geht, soll der Wald dem Klimawandel nicht nur trotzen, sondern ihn am besten sogar aufhalten. Er soll CO₂ binden, Trinkwasser einlagern und Brenn- und Bauholz liefern. Er soll uns Erholung bieten und uns gesünder machen. Er soll ein unberührter, wilder Lebensraum für Pflanzen und Tiere sein. Ein Zauberwald.

Die Liebe der Deutschen zu ihrem Wald ist neu entbrannt, seit der Förster und Autor Peter Wohlleben 2015 sein Buch Das geheime Leben der Bäume veröffentlicht hat. Der Bestseller wurde verfilmt, selbst die New York Times besuchte Wohlleben in seinem Forstrevier in Rheinland-Pfalz. Das Buch veränderte den Blick der Deutschen auf den Wald. Wohlleben zeichnet die Bäume als soziale Wesen und Wälder als Superorganismen. Er attestiert Bäumen einen Geschmackssinn, beschreibt, dass sie unhörbare Durstschreie ausstoßen, wenn ihnen das Wasser ausgeht, und erzählt von alten Buchen, die ihren Nachwuchs mit Nährstoffen versorgen wie Mütter, die ihre Babys stillen.

Scheel hat das Buch des Kollegen Wohlleben damals auch gelesen. “Ich fand es interessant”, sagt er, “es traf den Zeitgeist. Der Wald als der letzte Rückzugsort, in den man sich flüchten und Natur erleben kann.” Das Buch habe ein breites Publikum für den Wald begeistert und auch einige Forstbetriebe aufgeweckt, sich mehr zu öffnen. Man müsse aber wissen, fügt Scheel hinzu, “es ist eher ein Roman als ein Sachbuch”.

Dem Förster begegnen immer wieder Menschen im Wald, die ihr Wohlleben-Wissen in der Praxis anwenden. “Die sagen dann: Wir haben Wohlleben gelesen, und das ist alles schlecht, was Sie hier machen.” Der Mensch, so die gängige Meinung, solle den Wald doch in Ruhe lassen, nichts fällen, nichts pflanzen. Wenn er mit ihnen spreche und seine Arbeit beschreibe, reagierten die Leute aber total verständnisvoll, sagt Scheel. “Wir Förster haben daraus gelernt, dass wir mehr erklären müssen.”

Den vermeintlichen verborgenen Verbindungen zwischen den Pflanzen im Wald widmen sich immer wieder auch wissenschaftliche Untersuchungen. Gerade haben sich drei Forscherinnen und Forscher aus Kanada und den USA in einer neuen Metastudie, die im Journal Nature Ecology & Evolution erschienen ist, genauer mit den Pilzen befasst. Dass Pilze im Waldboden eine wichtige Rolle bei der Nährstoffumsetzung spielen und einige auch Symbiosen mit Bäumen eingehen, gilt als unstrittig. Wohlleben geht davon aus, dass Bäume über die Pilznetzwerke im Waldboden kommunizieren können. Er verglich die Pilze mit Glasfaserleitungen, die Idee eines “Wood Wide Web” wurde nicht nur in den Medien verbreitet, auch in wissenschaftlichen Aufsätzen. Der Wald als soziales Netzwerk.

Die Forscherinnen stellten fest: Es fehlten die Belege dafür, dass solche Pilznetzwerke in Wäldern weit verbreitet seien. Es sei nicht bewiesen, dass Bäume darüber untereinander Ressourcen verteilten; und auch nicht, dass erwachsene Bäume darüber mit ihrem Nachwuchs kommunizierten. Es sei wünschenswert, so die Studie, die Vermenschlichung von Bäumen und Wäldern zu überdenken.

Auch Scheel hat die Studie überflogen, der Waldboden und die Pilze darin spielen in seiner Arbeit eine große Rolle. Überrascht haben ihn die aktuellen Studienergebnisse aber nicht. Für Scheel braucht der Wald schließlich nicht magisch zu sein, gesund reicht ihm. Dass alle Bäume sich gegenseitig vor Insekten warnten, hält er für wenig wahrscheinlich. Was sollte so eine Fichte auch verändern, wenn sie vorher wüsste, dass der Borkenkäfer im Anflug sei? “Sie will sich ja sowieso verteidigen”, sagt er. Ob sie den Eindringling abwehren kann, liege allein daran, ob sie vital und kräftig genug ist. Und dafür brauche es einen möglichst gesunden Wald.

Wer im Karnap hinschaut, kann schnell erkennen: Wood Wide Web oder nicht, dieser Wald sieht gesund aus. Totes Holz darf herumliegen, abgestorbene, hohle Bäume dürfen stehen bleiben. Der ideale Lebensraum für Vögel und Insekten – außer für den Borkenkäfer, der braucht frisches Holz. Immer wieder erblickt man alte, krumme Bäume mit einem weißen Dreieck auf der Rinde – die Markierung dafür, diese Bäume dauerhaft vor der Kettensäge zu schützen. Nur vereinzelt gibt es Wege, auf denen Erntefahrzeuge oder Bagger fahren dürfen. Am Wegesrand liegen Bäume fürs Sägewerk. Was man aber nirgends sieht, sind Kahlschläge. Im Karnap werden nur einzelne Bäume gefällt und immer weniger, als über einen festen Zeitraum nachwachsen.

All diese Maßnahmen lassen sich unter dem Begriff “naturnahe Bewirtschaftung” zusammenfassen, und Maximilian Scheel möchte zeigen, welche Rolle der Mensch dabei spielt. Eine kurze Fahrt im Geländewagen rüber in den Nadelwald. Der Boden wandelt sich zu einer weichen, federnden Matte aus Moos, grüne Fichten dominieren das Bild, aber auch Lärchen sind zu sehen, ein paar Birken und Kiefern. “Ein Superpotenzial für eine natürliche Verjüngung” nennt Scheel das, weil Förster ähnlich wie Jäger eine eigene Sprache sprechen. Er meint damit: Viele verschiedenen Baumarten werfen hier ihre Samen ab und legen so den natürlichen Grundstein für die nächste Waldgeneration. Könnte sich der Mensch also auch fein heraushalten? Oder: Wofür braucht der Wald den Menschen überhaupt?

“Der Wald kommt von allein klar”, sagt Scheel, “der Natur ist egal, ob hier Fichten nachkommen oder Buchen. Das wird auf jeden Fall wieder Wald.” Bei einer naturnahen Bewirtschaftung gehe es aber darum, dem Wald dabei zu helfen, dass er all die Bedürfnisse auf Dauer erfüllen kann, die der Mensch an ihn richtet.

Überfordern wir den Wald damit nicht? Scheel findet: Nein. “Dieser Wald kann all das schon. Er ist Wasserspeicher, er ist Holzproduzent, er ist Erholungswald.” Seine Aufgabe als Förster sei es, dass der Wald auch den Bedürfnissen künftiger Generationen gerecht werden kann. Deswegen hat Scheel beschlossen, in seinem Nadelwald zu pflanzen. 2000 Spitzahorne, 2000 Bergahorne, 1000 Flatterulmen, einige Wildapfelbäume. Baumarten, die mit dem Klimawandel besser zurechtkommen sollen. In ein paar Tagen kommen die Pflanzer.

Etwa 30 Zentimeter breite Furchen ziehen sich schon jetzt über den Waldboden. Dann knackt ein Ast, Metall scheppert, Eisenketten klirren, und zwischen den Bäumen tauchen zwei Pferde auf. Sie ziehen einen Pflug durchs Unterholz. Neben ihnen läuft ein schlanker Mann mit weißem Bart.

Seit drei Jahren sei der Pferdepflug regelmäßig hier im Einsatz. Er reißt die oberste Schicht des Bodens auf, den Humus, und legt die Mineralschicht darunter frei. Darin setzen die Pflanzer dann die jungen Setzlinge.

Der Mann stoppt seine Pferde, unterhält sich kurz mit dem Förster über den Kauz und den Uhu. Der Mann stellt sich als Jorin vor, Holzrücker könne man seinen Beruf nennen. “Es gibt ganz wenige Leute, die noch so arbeiten.” Wobei, was heißt hier “noch”. “Wieder” treffe es eigentlich besser. Denn was hier aussehe wie aus Großvaters Zeiten, sei total modern. Man könne dieselbe Arbeit zwar auch mit einem Bagger machen, was aber den Boden verdichten und damit dem Wald schaden würde. Daher lieber Pferde als Pferdestärken.

Zum Abschluss möchte Maximilian Scheel noch zeigen, wie die Setzlinge schließlich in den Boden kommen, also eine letzte Fahrt in einen Nachbarwald, in dem die Pflanzer schon arbeiten.

Die sitzen allerdings gerade zu viert in einem Auto mit rumänischem Kennzeichen und machen Mittag. Manchmal braucht eben nicht nur der Wald eine Pause vom Menschen, sondern auch der Mensch vom Wald.

GRENZWERTE

Die Luft ist verpestet, das Wasser verseucht, und auch das politische Klima ist im Süden Kaliforniens vergiftet. Mexiko und die USA schieben sich gegenseitig dafür die Verantwortung zu. Können Umweltaktivisten helfen, diesen Konflikt zu lösen?

Text: Johannes Mitterer, Margherita Bettoni, erschienen in Die Zeit 16/2021

Warnschild am New River in Calexico nur wenige Meter von der US-Grenze zu Mexiko / Foto: Johannes Mitterer

Gegen dreckige Luft und giftiges Wasser helfen keine Grenzen, auch keine Zäune, keine Mauern. Das haben sie hier gelernt in der Kleinstadt Calexico, ganz im Südosten Kaliforniens. Hier fließt der Fluss New River aus Mexiko über die Grenze in die USA, gleich neben dem Grenzübergang, wo sich an diesem Samstag die Autos derjenigen stauen, die nach Mexiko fahren. Stop-and-go, Abgase; Frauen mit orangefarbenen Westen und Trillerpfeifen regeln den Verkehr. Die vergangenen Tage waren trocken und warm, jetzt ist Regen angesagt. Ein starker Wind bläst Sand und Staub vom Ufer des New River in die Gesichter. Dazu der chemisch-süßliche Gestank des Wassers, der stechende Kopfschmerzen beschert. Gelbe Schilder warnen davor, das Ufer zu betreten. Aber was nützt das, wenn einem der Wind das Gift in die Augen bläst?

Calexico ist eine Kleinstadt im Imperial County in der Wüste Kaliforniens. Im umliegenden Imperial Valley und in der Schwesterregion in Mexiko konzentrieren sich viele kleine und große Probleme. Die Bevölkerung ist arm, die Umwelt verpestet. Und das politische Klima ist vergiftet – eine Folge des langjährigen Streits um den Mauerbau an der US-amerikanischen Grenze.

Mike Matzke steht am Ufer des New River, auch er bekommt Kopfschmerzen vom Gestank. Er kennt das. “Hier seht ihr den Fluss in seiner ganzen Pracht: Er ist grün, aber heute gibt es nur ein bisschen Schaum und kaum tote Fische – scheint ein ganz guter Tag zu sein.” Matzke, kräftiger Oberkörper, kurz rasierte Haare, am Gürtel Dienstwaffe und Marke, hält viel aus. “President” steht in goldenen Buchstaben auf seinem schwarzen Poloshirt – er ist der regionale Chef einer Gewerkschaft der Border Patrol, der amerikanischen Grenzschützer. Er schaut deshalb nicht nur nach Mexiko, er interessiert sich auch für Geschehnisse diesseits der Grenze.

Was beobachten Sie, Herr Matzke? “Ich hoffe, ihr habt viel Zeit mitgebracht”, sagt er. Da sind die Probleme mit dem Wasser. Matzke steht jetzt am Eisengatter, das den Fluss etwa hundert Meter vor der Grenze quer abriegelt. Ein Jeep der Border Patrol parkt am gegenüberliegenden, mit Stacheldraht gesäumten Ufer. Darin ein Beamter, der aufpasst, dass keiner über den Zaun klettert.

“Es gibt Nächte, da treiben ständig tote Fische vorbei”, sagt Matzke. “Hier im Gatter bleiben sie hängen und türmen sich auf. Dann müssen wir das Tor öffnen und den Kadaverklumpen mit Steinen bewerfen, um die Verstopfung zu lösen.” Viele seiner Kollegen, erzählt Matzke, klagen nach ihren zehnstündigen Schichten über Migräne und Sehstörungen. Das sind die milderen Symptome. Schlimmer wird es, wenn sie ins Wasser müssen. Immer wieder schicken Schleuser hier Migranten über die Grenze und hinein in den Fluss. Die Beamten der Border Patrol springen dann hinterher. Danach bekommen sie Ausschlag, Durchfall, Harnwegsinfektionen. Matzke hat einen Bericht verfasst, in dem er alles zusammengetragen hat, was an Giftstoffen im New River gefunden wurde: Pestizide, ungeklärte Abwässer, Unmengen von Colibakterien, dazu Erreger von Krankheiten wie Typhus und Tuberkulose. Der Bericht ist 41 Seiten lang.

Mike Matzke, Chef der örtlichen Gewerkschaft der US Border Patrol, am Ufer des New Rivers //
Foto: Johannes Mitterer

Calexico ist ein Beispiel dafür, wie jahrelange Nichtbeachtung auf der großen politischen Bühne, zwischen den Zentralregierungen in Washington, D. C. und Mexico City, das tägliche Leben in einer kleinen Grenzstadt prägt. Doch neuerdings ist Calexico ein Beispiel dafür, wie selbst in dieser verfahrenen politischen Lage etwas passieren und eine neue Bewegung entstehen kann – angetrieben von Akteuren auf beiden Seiten der Grenze, die von außen den Druck erhöhen. Im Mittelpunkt stehen Umweltprobleme, aber das ist nur die eine Hälfte der Geschichte. Dahinter kommen all die anderen Ungerechtigkeiten zum Vorschein – denn das Gift im Fluss, die Abgase, die Probleme mit der Grenzmauer haben auf eine perverse Art und Weise etwas Verbindendes.

Schon seit den 1940er-Jahren gilt der New River als verpestet. Und das in Kalifornien, dessen Politiker sich gerne als umweltfreundlich und nachhaltig geben. Doch lange zeigten die zuständigen Behörden einfach mit dem Finger in Richtung Grenze. “Auf mich wirkt es, als sei die Meinung: Na ja, der Fluss kommt aus Mexiko, was sollen wir machen”, sagt Matzke. Doch leider fangen mit dem New River die Probleme erst an. Da ist auch noch die schlechte Luft. Matzke hat in Afghanistan auf einer Militärbasis an der Verbrennungsgrube gearbeitet. Verglichen mit dort ist die Feinstaubbelastung in Imperial County teilweise doppelt so hoch.

Matzkes Erfahrungen decken sich mit den offiziellen Statistiken der Region. Die Werte für Feinstaub und Ozon überschreiten regelmäßig die bundesweiten Grenzwerte. Jedes fünfte Kind hat Asthma, die Raten sind doppelt so hoch wie im kalifornischen Durchschnitt, auch die Zahl der Kinder mit Asthmaattacken in Krankenhäusern.

Die Luftverschmutzung hat ihre Ursachen auf beiden Seiten der Grenze. Auf der US-Seite liegt das Imperial Valley wie ein grün-brauner Flickenteppich auf der Wüste. Gut 2000 Quadratkilometer Fläche werden intensiv landwirtschaftlich genutzt, für Rinder, für Schafe, vor allem aber für die Produktion von Heu, Klee, Gemüse, Kartoffeln, Früchten und Nüssen. Ein weites Kanalsystem lässt in der Wüste sogar Melonen wachsen. Das ist nicht gut für die Luft.

Eine der Nebenwirkungen ist Feinstaub. Er fällt bei der Arbeit mit dem Boden an, beim Befahren unbefestigter Straßen. Nach der Ernte werden Felder brandgerodet, um sie für die nächste Aussaat vorzubereiten. Die Landwirtschaft auf mexikanischer Seite funktioniert genauso. Dort schließt sich an Calexico die Metropolregion mit der Großstadt Mexicali an, der Hauptstadt des Bundesstaates Baja California. Über 700.000 Menschen leben dort, mehr als 18-mal so viele wie in Calexico und viermal so viele wie im ganzen Imperial County.

Am schnellsten über die Grenze gelangt man zu Fuß, durch eine Drehtür im sandsteinfarbenen Kontrollgebäude der US-Behörden. Auf der mexikanischen Seite warten jeden Morgen Hunderte Hilfsarbeiter in der Schlange, um über die Grenze und dann zu den Farmen im Imperial Valley zu kommen. In Mexicali hingegen haben sich viele amerikanische Firmen niedergelassen, Luft- und Raumfahrtunternehmen, Elektronikhersteller, der Müslikonzern Kellogg’s. Würde jemand die Grenze schließen, es wäre ein wirtschaftliches Desaster für beide Seiten.

In Mexicali fließt der Verkehr zäh, viele Nebenstraßen sind ungeteert, staubig. Am Straßenrand qualmen die Holzfeuer der Taco-Stände, Feste werden mit Feuerwerken gefeiert, an kalten Tagen wärmen sich Menschen an brennenden Autoreifen. All das setzt Feinstaub frei. 2018 konfiszierten die Behörden in Mexicali deshalb 18 Tonnen Holz und 58.000 Reifen. Die Sanktionen sind Teil des neuen Plans einer binationalen Arbeitsgruppe, die Maßnahmen reichen von Werbespots bis zu Forschungsprojekten mit einem Windkanal.

Etwa 15 Autominuten südlich der Grenze, in einer ruhigen Wohngegend Mexicalis, liegt das Büro eines kleinen Start-ups, dem die bislang vielleicht nachhaltigsten Erfolge gelungen sind. Das Büro von Redspira ist ein kleines Studio mit grünen Wänden. Der Software-Unternehmer Alberto Mexia Sanchez hat das gemeinnützige Projekt 2018 gegründet. Mexia Sanchez, schwarze Haare, breites Lachen, ist ein Netzwerker und zugleich ein Mann, der ungeduldig wird, wenn nach langem Reden keine konkreten Maßnahmen folgen. Ein Mann wie Matzke von der Border Patrol, nur ohne Waffe.

Alberto Mexia Sanchez in seinem Büro in Mexicali // Foto: Johannes Mitterer

2016, erzählt Mexia Sanchez heute, habe er beim Grillen mit Freunden über seine Allergien gesprochen. Er war damit nicht allein. “Nach dem Abend habe ich mich gefragt: Was können wir tun?” Jeder in Mexicali wisse, dass die Luftqualität katastrophal sei, aber echte Messergebnisse habe es nicht gegeben. Ein Freund schickte ihm dann eine Open-Source-Bauanleitung für einen Sensor zur Messung der Luftqualität. Sanchez gefiel die Idee. Er ließ einen eigenen Sensor entwickeln, inklusive Software, 2018 war die erste Version fertig: ein grünes Plastikkästchen, so groß wie eine Untertasse.

Für Redspira arbeiten heute sieben junge Menschen, seit 2019 nehmen sie offiziell an den Meetings einer binationalen Behörden-Taskforce teil, viermal im Jahr, abwechselnd in Mexiko und den USA. Für Mexia Sanchez wurde dort meist zu viel geredet, aber immerhin hat er Geld bekommen, je zur Hälfte aus Mexiko und aus den USA. Über 100 der kostengünstigen Sensoren konnte Respira in Mexicali und dem umliegenden Tal dadurch schon installieren, drei davon sogar auf US-Seite in Calexico. Gemeinsame Daten für eine gemeinsame Region, Grenze hin oder her.

Die Sensoren speisen ein System, das die Daten aufbereitet und live auf einer Online-Landkarte auswirft, und zwar in fünf Farbstufen: Grün bedeutet “gut”, Violett bedeutet “extrem schlecht”. Die Karte macht eine unsichtbare Gefahr sichtbar. An vielen Wintertagen ist sie tiefrot gefärbt.

Über dieses einfache System und eine zugehörige App können die Menschen die Luft in ihren Vierteln bewerten. Denn Daten sind Macht, Bürger können damit zu ihren Abgeordneten gehen und Veränderungen einfordern.

Patricia Torres, Mexia Sanchez’ Kollegin, kümmert sich auch um das Flaggenprogramm, eine Art Offline-Erweiterung der Website. 77 Schulen haben sich schon bereit erklärt, auf Basis der Daten farbige Warnflaggen aufzuhängen. Torres ist stolz darauf: “Die Kinder gehen dann nach Hause und sprechen mit ihren Eltern über die Luftqualität”, sagt sie. Es seien die kleinen Schritte, die Großes bewirken können. Auch bei Redspira haben sie vom Umwelt-Engagement der Border Patrol gehört. Amerikas Grenzschützer sind sonst eher wegen ihrer oft harten Gangart in den Medien. “Das hat uns gewundert”, sagt Torres, “aber klar: Am Ende sind sie auch Menschen.” Sie leiden genauso.

Mike Matzke kennt das. “Die Leute sind immer überrascht, wenn sie sehen, dass wir uns für die Umwelt und die Gemeinde einsetzen”, sagt er, “aber wir sind genauso Teil der Gemeinde.” Er wurde auch schon öfter zu den Meetings der binationalen Behörden-Taskforce eingeladen, noch hat er es nicht geschafft. Auch er wird ungeduldig, wenn zu viel geredet wird. Dafür hat er zu viel zu tun.

Wie viel, das hat er auf einem Whiteboard im Konferenzraum seines Gewerkschaftsbüros zusammengefasst. Darauf hat er all die Giftstoffe notiert, die die Menschen in der Region belasten (siehe Auswahl rechts). Viele kommen etwa vom Saltonsee, dem größten See Kaliforniens. Darin mündet all das Wasser, das durchs Tal nach Norden fließt, durch die Städte und über die Äcker der Bauern. Auch der vergiftete New River kommt dort an. Einst ein beliebtes Reiseziel, gefährdet der Saltonsee mit seiner salzigen Brühe heute die ganze Region. Durch die Dürre der letzten Jahre sinkt der Wasserspiegel, immer mehr Ufer fällt trocken. Der getrocknete Schlamm wird dann vom Wind erfasst und als Staub über die ganze Gegend verteilt.

Und in diesem Staub steckt Gift. Feinstaub, Dünger und Pestizide – Glyphosat etwa und seit Jahrzehnten verbotene Mittel wie Chlordan oder DDT. Noch immer produzieren nur elf Prozent der Bauern im Imperial County organic, also nach den Standards des Bio-Anbaus. Auch Blei, Quecksilber, sogar Uran und Plutonium wurden im Schlamm nachgewiesen – am Saltonsee war lange Zeit ein militärisches Testgebiet. “Seit 30 Jahren wird hier zugeschaut, jetzt muss endlich aufgeräumt werden”, sagt Matzke. “Das sind arme Gemeinden hier, kaum jemand hat Geld für Anwälte. Aber wir als Gewerkschaft haben dieses Geld. Und wenn Meetings nicht helfen, müssen wir eben klagen.”

Matzke hat das Gefühl, dass sein Engagement der Bewegung endlich die nötige politische Schlagkraft bringe. Viele konservative Politiker interessieren sich zwar nicht für Umweltprobleme in der Grenzregion, für die Border Patrol aber schon – anderswo in Kalifornien haben Kollegen geholfen, Hunderte Millionen Dollar zu mobilisieren. Gerade versucht Matzke herauszufinden, wie viele seiner Kollegen in der Region an Krebs erkrankt sind. Und er hat es geschafft, seinen Arbeitgeber zu einer Untersuchung zu bewegen. Einige seiner Kollegen tragen nun Sensoren an ihren Schutzwesten, die die Luftqualität messen. “Die Kontrolleure kommen zwar immer nach einem Regentag, um die Werte auszulesen”, sagt Matzke, “aber immerhin.” Die Feinstaubwerte seien dadurch bislang alle im Rahmen gewesen, aber DDT sei schon nachgewiesen worden. Es sind Ergebnisse, die alle Menschen in der Region dies- und jenseits der Grenze interessieren dürften. Am Ende atmen sie alle dieselbe Luft wie die Beamten der Border Patrol.

Link zum Text auf Zeit Online: https://www.zeit.de/2021/16/mexiko-usa-luftverschmutzung-feinstaub-umweltschutz-verantwortung

Arizona Dream

Mirka sitzt in Mexiko, ihr Mann Felipe in den USA. Über zwei, die nicht zueinander dürfen

Text: Johannes Mitterer, Margherita Bettoni , erschienen in Dummy Nr. 67, Sommer 2020

Mirka wartet an der Grenzmauer in Nogales/Mexiko auf ihren Mann
Felipe // Foto: Johannes Mitterer

Es ist kein Gefängnis, in dem Mirka Lopez sitzt, aber es fühlt sich so an. Der Untergrund ist staubig, der Wind bläst einem Sand in die Augen. Am Boden schwingen sich in Beton eingefasste Beete, in denen keine Blume wächst. Steinkalte Bänke, viel Braun, viel Grau. Und vor Mirka, dieser schmalen Frau mit braunen Haaren: eine sandsteinfarbene Mauer, rund sechs Meter hoch, mit Fenstern aus Eisen.

Wenn Mirka nach rechts blickt, hier am Grenzübergang in Nogales, Mexiko, beobachtet sie, wie Leute durch ein Drehkreuz auf die andere Seite der Mauer gehen: Männer, Frauen, Kinder. Hunde. Sie reisen zum Einkaufen, Arbeiten oder zu Familientreffen in ein Land, das nebenan liegt, aber für Mirka noch nie so fern war. Seit vier Monaten sieht sie ihren Mann Felipe nur durch die Löcher der Fenstergitter, die so winzig sind, dass sich nur ihre Fingerkuppen berühren können. Und seit Monaten fragt sich Mirka: “Ist es das wert?”

Mirka, 39, und Felipe, 41, wurden in Nogales in Mexiko geboren, direkt an der US-amerikanischen Grenze. Fast ihr halbes Leben lang kämpfen sie schon dafür, in die USA einzuwandern, ein Land, das sie schon lange gut kennen.

Als sie Kinder waren, war die mexikanische Stadt eng mit der Schwesterstadt verbunden. Nogales in Arizona und Nogales in Sonora/Mexiko, das war wie eine Gemeinde. Familien, die auf beiden Seiten der Grenze lebten, besuchten sich regelmäßig. Bei großen Volksfesten drückten die Grenzbeamten ein Auge zu, die Menschen strömten in beide Richtungen, fast ohne Kontrollen.

Schon in den Achtzigerjahren lebt ein großer Teil von Mirkas Familie in den USA. Oft holen sie ihre Cousins und Cousinen an der Grenze ab, die damals nur aus einem Maschendrahtzaun besteht. Halloween, Thanksgiving, man feiert zusammen, auch wenn man manchmal an der Grenze ein bisschen länger warten muss, es ist viel los an solchen Tagen.

Mirka und Felipe lernen sich in der Schule kennen, und während sie ihren Abschluss machen, wird aus dem Maschendrahtzaun an der Grenze allmählich etwas Größeres. Im Jahr 1994 beginnt der damalige US-Präsident Bill Clinton, die Grenze zu Mexiko zu verstärken. Regionen, die keine natürlichen Barrieren besitzen, sollen konsequent abgeschottet werden, um die illegale Migration zu stoppen. Das betrifft vor allem die Städte, in denen mexikanisches und amerikanisches Leben längst verschmolzen sind. Auch zwischen den beiden Nogales reißen Bagger eine Wunde. Sie trennen den nördlichen Teil der Gemeinde ab und nähen ihn mit Eisen und Stacheldraht wieder an.

Im Jahr 2000 heiraten Mirka und Felipe, sie ist damals zwanzig, er einundzwanzig. Gemeinsam ziehen sie zu Felipes Mutter und seinen drei jüngeren Geschwistern. Sein Vater lebt damals schon allein in den USA und versucht von dort, seine Familie nachzuholen. Irgendwann geben die amerikanischen Behörden grünes Licht, doch nur für die Mutter und die kleineren Kinder. Felipe muss in Mexiko bleiben, weil er bereits volljährig ist. Mirka bleibt bei ihm.

Als Mirka zum ersten Mal schwanger wird, beschließen die beiden, das Kind in den USA zu bekommen. Obwohl die Einreiseverschärfungen im vollen Gange sind, muss Mirka bei der Grenzüberquerung kurz vor der Geburt lediglich nachweisen, dass sie die Kosten für das Krankenhaus im Voraus bezahlt hat. So kommt Mirkas und Felipes Sohn, der ebenfalls Felipe heißt, im Jahr 2001 als US-Bürger zur Welt, ebenso vier Jahre später ihre Tochter Amelie.

Während was Paar weiterhin auf eine Aufenthaltsgenehmigung in den USA hofft, kommen die Kinder in Mexiko in die Schule. Dort fehlen Trinkwasser und Klopapier, Amelie wird das Pausenbrot gestohlen. Viele Kinder kommen hungrig zur Schule, erklärt eine Lehrerin, und nehmen sich dann, was sie kriegen können. Ihre Kinder sollen es besser haben, finden Mirka und Felipe, und treffen einen schweren Entschluss. Sie übertragen das Sorgerecht auf Felipes Eltern und schicken die Kinder in die USA.

Zu diesem Zeitpunkt sieht die Grenze bereits mehr und mehr aus wie die Außenmauer eines Gefängnisses: meterhohe Sperranlagen mit Stacheldraht und Videokameras. Egal ob George W. Bush, Barack Obama oder Donald Trump, jeder neue US-Präsident bedeutet mehr Grenzpolizei, mehr Überwachung, mehr Abschottung.

Dann, nach sechzehn Jahren des Wartens, bekommt Felipe plötzlich seine Aufenthaltsgenehmigung. Es ist die Antwort auf den Antrag, den damals noch sein Vater für ihn gestellt hatte. Felipe und Mirka beschließen, dass er in die USA geht und sie so schnell wie möglich nachholt. Bis dahin darf Mirka immerhin als Touristin über die Grenze und Felipe zu ihr nach Mexiko reisen.

So vergehen zwei weitere Jahre, in denen die beiden auf den Entscheid warten, der Mirka als Ehefrau nachziehen lässt. Dann schließlich kommt die Einladung zu einer Anhörung. Mirka und Felipe informieren sich und vermuten, dass die Behörden prüfen wollen, ob sie ein richtiges Ehepaar sind. Einige versuchten wohl, so hören sie, sich über Zweckbündnisse Aufenthaltspapiere zu erschleichen. Eine Formsache, denke beide. Eine Anwältin aus Tucson rät Mirka, die Formalien für den Nachzug direkt aus den USA zu erledigen.

Im Spätsommer 2019 kündigt Mirka ihren Job als Friseurin, verlässt Mexiko und reist zu Felipe. Sie können ihr Glück kaum fassen.

Am Tag nach Mirkas Ankunft fahren sie zusammen nach Tucson und holen dort ihren neunzehnjährigen Sohn von einem Sommercamp ab. “Es war so schön, nach der Schule für ihn da zu sein”, sagt Mirka. Endlich wieder Muteter sein. Zuhause holen sie mit einem großen Frühstück Mirkas Geburtstagsparty nach, es gibt Waffeln und Obst. Im Juli hatte sie noch alleine in Mexiko gefeiert. Mirka erinnert sich an diese Monate wie an ein wunderbares Geschenk.

In dieser Zeit bereiten sie sich auf das Interview vor. Sie tragen Beweise zusammen, die eine echte Liebesheirat belegen: Fotos aus verschiedenen Lebensphasen, ohne Kinder, mit Kindern, Bankauszüge eines gemeinsamen Kontos. Eine Enzyklopädie einer jungen, intakten Familie.

Im Oktober 2019 ist es so weit. Mirka ist nervös vor dem Termin, ihre Anwältin hingegen guter Dinge. Gerade habe sie ein russisches Ehepaar erfolgreich durch die Anhörung gebracht, beruhigt sie Mirka.

Das Gespräch, erinnert sich Mirka, beginnt freundlich, kippt aber schnell. Die Beamtin hat ein Dokument aus dem Jahr 2005 ausgegraben. Es besagt, dass Mirka und Felipe verheiratet sind. Doch Felipes Vater habe damals eine Aufenthaltsgenehmigung für einen alleinstehenden Mann beantragt, nicht für einen verheirateten Ehemann. Ein Formfehler, weshalb Mirka nicht nachziehen könne. Ihr Visum wird ihr noch an Ort und Stelle weggenommen. In vierzehn Tagen, erklärt die Beamte noch, komme ein neuer Anhörungstermin per Post. Wie sie ohne Visum aus Mexiko zu dem Termin in den USA kommen solle, fragt Mirka. Die Antwort: Das sei ihr Problem.

Es ist nicht nur die Ablehnung, die Mirka in eine Krise stürzt, es ist auch die Art, wie man mit ihr umgeht. “Sie geben dir das Gefühl, du seist eine Kriminelle, dabei haben wir immer versucht, alles richtig zu machen.” In der Zeit nach der Anhörung fürchtet Mirka ständig, verhaftet zu werden. Sie verlässt das Haus nicht mehr, die Kinder dürfen die Tür nicht öffnen. An Schulfesten nimmt sie nicht teil, sie redet mit niemandem. Kurz vor Weihnachten kommt schließlich ein neues Schreiben. Es ist kein neuer Termin, sondern die Aufforderung, die USA innerhalb von 33 Tagen zu verlassen.

Kurz überlegen sie, ob Mirka illegal im Land bleiben soll, bei ihrem Mann und ihren Kindern. “Was hätten meine Kinder von einer gestressten, depressiven, sinnlosen Mutter? Ich hätte nicht arbeiten, meine Tochter nicht zur Schule bringen können”, sagt Mirka. “Das war es nicht wert”.

Die Grenze wurde inzwischen weiter hochgerüstet. Ein Monstrum aus Betonplatten, Stacheldraht und vergitterten Fenstern, an denen sich auf beiden Seiten Menschen tummeln, die sich nah sein wollen, aber nicht können. Ende Januar dieses Jahres geht Mirka durch das Drehkreuz in der Mauer zurück in ihr altes Leben, das nicht mehr ganz das alte ist. Ihre Tochter Amelie, sie ist mittlerweile 15, begleitet sie, sie will bei ihrer Mutter leben. Dafür steht Amelie jeden Morgen um fünf Uhr auf. Der Schulweg über die Grenze dauert eine Stunde. Felipe treffen Mutter und Tochter jeden Sonntag an der Grenze. Solange sein Status nicht klar ist, kann er die USA nicht verlassen, ohne seine Aufenthaltsgenehmigung zu verlieren.

Noch hofft Felipe, dass Mirka doch noch nachkommen darf, bald. Wie weiß man, wann ein Traum geplatzt ist? “Manchmal glaube ich, Felipe würde sich in Mexiko besser fühlen”, sagt Mirka. “Ökonomisch würde es uns nicht so gut gehen, aber wir wären zusammen, in Frieden, das ist unbezahlbar.”

Natürlich wäre es schlimm, wieder von der Familie und ihrem Sohn getrennt zu sein. Aber wenn sie sieht, was ihre Kinder schon erreicht haben, kehrt Mirkas Stolz zurück. Ihr Sohn hat für sein Informatikstudium bereits zwei Stipendien bekommen, Amelie wurde in ein Kunstförderprogramm der Universität von Arizona in Tucson aufgenommen. “Wir haben den USA gute Bürger geschenkt”, sagt Mirka. Auch wenn sie selbst von den USA wenig zurückbekommen haben. //